Frühmorgens, ehe die Kinder erwachten, war die alte Hexe schon aufgestanden, und als sie beide so lieblich ruhen sah, mit den vollen roten Backen, so murmelte sie vor sich hin: »Das wird ein guter Bissen werden.«
Dann packte sie Hänsel mit ihrer dürren Hand und trug ihn in einen kleinen Stall. Dort sperrte sie ihn mit einer Gittertür ein. Er mochte schreien, wie er wollte, es half ihm nichts.
Dann ging die Hexe zu Gretel, rüttelte sie wach und rief: »Steh auf, Faulenzerin, trag Wasser und koch deinem Bruder etwas Gutes, der sitzt draußen im Stall und soll fett werden. Denn wenn er fett ist, will ich ihn essen.« Gretel fing an, bitterlich zu weinen, aber es war alles vergeblich, sie musste tun, was die böse Hexe verlangte.
Nun ward dem armen Hänsel alle Tage das beste Essen gekocht, aber Gretel bekam nichts als die Krebsschalen. Jeden Morgen schlich die Alte zu dem Ställchen und rief: »Hänsel, streck deinen Finger heraus, damit ich fühle, ob du bald fett bist.« Hänsel aber streckte ihr ein Knöchlein heraus, und die Alte, die trübe Augen hatte, konnte es nicht sehen und meinte, es wären Hänsels Finger, und verwunderte sich, dass er noch so dürr war wie ein Knöchlein und gar nicht fett werden wollte.